Mit breiter Brust ging man in die neue Saison, hatte man doch die letzten Spiele der alten Saison meist klar dominiert, was uns zeigte, dass - wenn wir alle Spieler auf den Platz bringen - wohl jeder Gegner schlagbar ist.
Eine Woche vor Saisonstart sah alles sehr gut aus: Zwei Abgänge (1 x Bezahlliga, 1 x New York) konnten durch zwei vielversprechende Neuzugänge kompensiert werden. Doch seitdem geht es Schlag auf Schlag: Zwei Spieler verabschiedeten sich kurzfristig für ein Auslandssemester, und alle zwei Tage flatterte ein neues Bild in die Whatsapp Gruppe. Darauf zu sehen nicht etwa Palmen, Sand und Meer, sondern die verschiedensten Körperteile von Mitspielern, alle gekennzeichnet durch blau-grüne Hautfarbe und mehr oder weniger deformierte Knochen. Eines war ihnen gemein – sie bedeuten jeweils wochen- oder gar monatelange Ausfälle. Nicht weniger als 8 SpiceBaller verbringen somit derzeit Ihre Freizeit mit hochgelagerten Körperteilen oder mit Warten auf einen OP-Termin.
Für die vorgezogene 12. Runde kratzte man dennoch eine Mannschaft zusammen, ganze 11 Feldspieler brachten wir auf das Kunstgrün am LAC Platz. Der aufmerksame Leser wird beim Lesen des letzten Satzes bereits gemerkt haben, dass für eine Startelf somit ein Feldspieler zu viel, aber dafür ein Tormann zu wenig aufgelaufen ist. Richtig, unsere Zwerkstatt – normalerweise als Notfallspieler eher vorne zu finden, hatte sich bereit erklärt, den ungewohnten Kasten zu hüten.
Dass wir nach wie vor kein Training abhalten, sind wir ja schon gewohnt, diese Saison absolvierten wir aber sogar nicht einmal mehr ein Vorbereitungsspiel. Doch auch bei den Josefstädtern waren nicht mehr jene Spieler am Platz, die vor kurzen noch die gegnerischen Mannschaften dominierten.
Trotz dieser eher ungünstigen Voraussetzungen auf beiden Seiten entwickelte sich aber überraschenderweise von Beginn an ein recht ansehnliches Spiel, tatsächlich hatten wir sogar eine leichte Feldüberlegenheit. Und gerade als sich die spielerische Waagschale in unsere Richtung hin zu neigen begann, kam genau jenes schnelle Gegentor zu Stande, das man immer möglichst vermeiden will. Eine halbe Stunde brauchte es schließlich, um diese Scharte auszuwetzen, so konnte man gerade noch mit einem Unentschieden in die Pause gehen. Weitere 20 Spielminuten später hatte man das Konto auf 3 Tore erhöht, doch kurz darauf erzielten die Hausherren den Anschlusstreffer. Jetzt läuteten sinnbildlich die Alarmglocken, denn auf Grund der letzten Ergebnisse gegeneinander hatte der Trainer schon vorher zeigefingerwachelndwarnend gemeint, dass wir gegen Josefstadt immer mehr als 3 Tore schießen müssen, um zu gewinnen.
Gesagt – getan: das vierte Tor erzielte unsere „Maschine“, der zwar lauftechnisch bei uns immer vorne mit dabei ist, unsere Spiele aber normalerweise nur zum Auslaufen von vormittäglichen Tennisturnieren oder Triathlons usw. nützt. Wir erlösten unseren Zwerkstatt, der schon hufscharrend auf Laufduelle wartete, Goldschuh tauschte mit ihm die Position und gab den Handschuh, nur um sofort wieder hinter sich greifen zu müssen. Die Heimmannschaft hatte damit das vom SpiceBalls Trainer prophezeite Tore-Plansoll erfüllt, ein sehenswerter 35-Meter-Schuß über den ansonsten überragenden Gästekeeper von unserer Reservesechs stellte aber wieder den 2 Tore Abstand und den Endstand her.
Am zweiten Spieltag – und damit zur 1. Runde – verschlug es uns nach Breitenfurt. Der Aufsteiger wurde deshalb zum Liganeuling, weil sich Torpedo 03 freiwillig aus der DSG verabschiedet hatte, womit die Magic Unicorns bereits in der höchsten Klasse ihr 10-Jahres-Jubiläum feiern konnten. Denn just an unserem Spieltag war bei strahlendem Sonnenschein unsere Partie nur der Auftakt zu einem rauschenden Fest mit einigen hunderten Zuschauern, dessen Höhepunkt das Spiel nach uns werden sollte, wo sich die Unicorns mit der Copa Pelé bestehend aus Spielern wie Andi Herzog, Andi Ogris oder Ivica Vastic und vielen weiteren Größen des österreichischen Fußballs messen wollten.
Fast schien es, als hätten wir beim Programm irgendetwas falsch gelesen, denn letztendlich standen auch bei uns mehrheitlich „Legenden“ am Platz, allerdings die von SpiceBalls, im Altersdurchschnitt nicht weit von dem der Copa Pelé entfernt. Das ist wohl nicht übertrieben, wenn man schon im SpiceBalls Dress gespielt hat, während 9 Spieler der Gegner damals noch nicht einmal auf der Welt waren. Natürlich liefen unsere „Alten“ nicht aus sentimentalen Gründen auf, sondern zu unseren 8 Verletzten waren nicht weniger als 9 Spieler verhindert (der Wien Marathon lässt grüßen), womit praktisch alle unsere Notfallsenioren auflaufen mussten. Wohlgemerkt aus jener Generation, die damals kein einziges Rasenmatch – früher von uns verächtlich Kuhfutterpartie genannt – im SpiceBalls Trikot gewinnen konnten. Und natürlich wurde heute auf Rasen gespielt. Dazu kam bei einigen noch eine unerwartete Rasenschuh-Problematik, es fanden sich einige mit unpassenden, weil fremden Schuhen wieder. Zumindest ein Spieler aus der Reserve hatte sich zaghaft, aber für uns überraschend, an seine Tormannkarriere in der Kindheit erinnert und half uns im Kasten aus – und noch mehr überraschend positiv war dann seine Performance.
Die jüngste SpiceBalls Hoffnung wiederum durfte nur zuschauen, denn obwohl er 90 Minuten vehement forderte, ins Spielgeschehen eingreifen zu dürfen, wurde ihm das von unserem Captain, mein Captain, verwehrt. Erst als er ihm beim Windel wechseln klarmachen konnte, dass er erst in 14 Jahren das Mindestalter erreicht haben werde, gab er die Hoffnung auf, konnte aber dann seinen Papa in den letzten 8 Minuten noch beim Handwerk zuschauen. Womit der Trainer, Archivar, Schreiber, Trikotwäscher, Statistiker, ehemaliger Spieler, Funktionär nun in dieser Zeit auch erstmals die Rolle als offizieller SpiceBalls Babysitter einnehmen durfte.
Das Spiel am Feld entwickelte sich wie erwartet, das erste Tor der Heimmannschaft fiel aber erst nach 20 Minuten. Das Einzige, wo wir dem Gegner vielleicht überlegen waren, war so etwas wie „Erfahrung“, anders ist der knappe Rückstand zur Pause nicht zu erklären. Jetzt musste sich auch Spieler Nr. 10 aus Termingründen verabschieden, und Spieler Nr. 9 wegen riesiger Fersenblasen w.o. geben. Wir warfen alles um und spielten jetzt mit einem komplett verrückten System – interessanterweise mit einigen Erfolg. Denn während es bei uns jetzt etwas besser lief, wollte sich der Gegner offensichtlich immer mehr unserem Niveau anpassen. Resultat war eine nicht mehr anzuschauende 2. Hälfte, weit weg von Liga-Niveau. Fast schon skurril die Tatsache, dass bis zur 86sten Minute ein mehr als dreckiges Unentschieden möglich gewesen wäre, denn wenn auch die ganz großen Chancen auf unserer Seite fehlten – bei den vergebenen Möglichkeiten der Gäste hätte gut und gern der alte Spruch von wegen „die Tore, die man nicht schießt, …“ wieder einmal bestätigt werden können.
4 Minuten vor Schluss war es aber dann soweit, das verdiente 2:0 verhinderte ein verrücktes Ergebnis und einen Dämpfer für die Feierlaune – diesbezüglich waren wir heute wohl mehr als die perfekten Partygäste.
Letztendlich traten aber wieder zwei komplett verschiedene DSG Philosophien aufeinander, denn Punkto Training, Vorbereitung, Trainingslager usw. gibt es wohl kaum konträrere Mannschaften. Es wird interessant sein zu beobachten, wie sich die weiteren 10 Jahre bei den sehr sympathischen Unicorns entwickeln, natürlich ist die Mannschaft eine Bereicherung in der Liga.
Nicht ganz mithalten auf dem Niveau konnten nur einige Fans. Es gibt auch andere Mannschaften, die nervige Fans haben (das konnten wir erst kürzlich in der vergangenen Saison erleben), allerdings beschränken sich die teilweise sehr auffällig agierenden Personen alle darauf, ihre eigene Mannschaft positiv anzufeuern. Äußerungen den Gegnern gegenüber sind da zwar auch dabei, geschehen aber aus der Emotion heraus und bleiben im Rahmen. Das kann auch mühsam sein, doch das gehört auch in einer Hobbyliga dazu, damit kann jeder Spieler umgehen.
Dass gegnerische Spieler und Trainer jedoch 90 Minuten lang hindurch von einigen wenigen Fans grundlos beschimpft, beleidigt und verspottet werden, dass dachten wir mit dem freiwilligen Ausscheiden einer Mannschaft aus der DSG Liga vor wenigen Jahren endlich ad acta gelegt zu haben. Mal sehen, ob die Unicorns diesbezüglich auch noch Liganiveau erreichen oder einige wenige Fans den vakanten „Ungustl“-Titel unbedingt verliehen bekommen wollen.
Letztendlich trübte das aber nicht die Vorstellung der Unicorns, denen man nicht nur zu Sieg, sondern auch zu dem gelungenen Fest gratulieren kann. Nicht zuletzt zeigte dann die Copa Pelé, dass man auch mit fortgeschrittenen Fußballer-Alter ohne Training, Vorbereitung und Trainingslager noch locker mit einer DSG-Ligamannschaft mithalten kann – aber da reden wir doch von einer anderen Welt…