Sektion Westside - Spice Balls 0:1 (0:1)
Eine ganze Woche lang wurden die teuersten Schamanen bemüht und alle gängigen Regentänze praktiziert – doch hatte sich bislang das Wetter bis auf eine Ausnahme im Frühjahr nicht an die versprochene Erderwärmung gehalten, schien der blitzblaue Himmel heute auch nicht das kleinste Regentröpfchen aus sich rausquetschen zu lassen, welches damit die Hoffnung auf eine Spielverschiebung mit der damit verbundenen Abwendung eines Spieles auf Kuhfutter erlöschen ließ.
Also ab nach Vösendorf, für viele von uns nur einen Katzensprung entfernt. Die Stunden vor dem Spiel gestalteten sich schon einmal ganz anders. Reduziert sich die Zahl der Zusagen normalerweise in diesem Zeitraum von 14 auf 9, so war es heute überraschenderweise umgekehrt. Fix war aber, dass Big Sexy heute nicht das Tor hüten würde können, dieses Mal war er an der Reihe, sich im Zuge des wöchentlichen, EU-geförderten SpiceBalls Auslands-Austauschprogrammes einige Scheiben von den schwarzen Hufen abschneiden zu lassen um diese dann zu verzehren. Als Austausch bekamen wir den Vulkanexperten Fernando Lava zugeteilt, der sein Kommen spätestens bei der mindestens halbstündigen Überschreitung des riesigen Kuhfutterplatzes bereute, weil er feststellen musste, dass er sein Buch „Die 10 größten Krater dieser Erde“ – geschrieben nach unzähligen teuren Reisen – einstampfen kann, weil der heutige Spieluntergrund alle seine früheren Entdeckungen konterkarierte. Während er heulte und versuchte, seine Entdeckungen unter dem fast meterhohen Halmen zu verbergen, wurde vom Trainer erst einmal die Tormannfrage professionell entschieden. Über die Art der Entscheidung wird man hier wie immer kein Sterbenswörtchen lesen, nachdem aber Goldschuh „Schere – Stein – Paar Bier (copyright zwerkstatt.at)“ verloren hatte, musste sich ausgerechnet unser bisher treffsicherster Schütze zwischen die Pfosten stellen. Kennt man die Stürmersituation beim schärfsten Team in Wien, so kann man ruhig von einer mutigen Entscheidung sprechen.
Und auch für die Vorstellungsrunde hatte sich der Trainer was Tolles ausgedacht. Damit diese nicht wieder in der ersten Viertelstunde am Platz stattfinden und man sich nicht wieder mit „heyduinorange“ ansprechen musste, gab es ein lustiges Kennenlernspiel. Dabei muss jeder seinen eigenen Namen in Verbindung mit etwas Essbaren mit dem gleichen Anfangsbuchstaben bringen, also etwa: Ich bin der Ferdinand, und ich esse faden Fenchel. Oder: Ich bin der Thomas, und ich esse tausend Toastbrote. Und es funktionierte super. Also damals. In den Achzigerjahren. Beim Esoterikseminar. Der Sozialpädagogikerstsemestrigen. Bei den heutigen Buchstabenveganern („ich esse aus persönlichen und moralischen Gründen nichts mit H am Anfang“…) und positiven Schwingungsbefreiten erntete er nur Scheibenwischer und komische Blicke. Ziemlich beleidigt entschied er daraufhin, dass sich somit alle drei Vornamensvettern in die Offensive stellen müssen, damit man sich nur einen Namen merken muss, den man gleichzeitig mit dem nach vorne gedroschenen Ball brüllt und sich demnach gleich alle drei angesprochen fühlen. Die weiteren Spieler wurden nach Gutdünken auf die verbliebenen Positionen verteilt, bevor noch – bevor zu gute Stimmung aufkommen sollte - die Statistik von SpiceBalls in Vösendorf besprochen wurde. Auch hier wieder: Strengstes Stillschweigen, nur so viel sei verraten: Die Punkteausbeute unseres Gegners in ihrer Heimstätte gegen uns liegt prozentuell im dreistelligen Bereich.
Beim Aufwärmen wurde einzig und allein darauf Augenmerk gelegt, unseren Goldschuh textil derart zu gewanden, dass sich des Gegners Auge hoffentlich möglichst beleidigt abwendet. Dann wurden noch einige Fake-Paraden produziert, und schon sah er aus wie ein richtiger Goalie!
Anpfiff! Und es war alles wie immer. Der Gegner zog sein bereits mindestens fünf Jahre bekanntes Spiel auf, wir ließen es wie in den letzten 5 Jahren zu. Wir droschen die Bälle nach vorne und riefen den Namen, der an alle drei Offensivkräfte adressiert war, und jeder der drei glaubte, es wären die anderen 2 gemeint – sprich das übliche Chaos zu Beginn. Da half es auch kein: „Spiel auf den tausend Toastbrote!“, weil das ja nur als Beispiel herhalten sollte und gar kein Thomas anwesend war. Da ist der Trainer gefragt, der muss sich unbedingt ein anderes Kennenlernspiel ausdenken! Als das endlich geklärt war, hatte der Gegner schon einen Stangenschuss zu Buche stehen, und zweimal wurde er zu Unrecht wegen angeblichen Abseits zurückgepfiffen.
Ahhh! So fühlt sich das also an, wenn man einmal auf der anderen Seite steht.
Doch plötzlich läuft der gegnerische Stürmer alleine auf Goldschuh zu, der aber auf der Linie zu kleben bleiben scheint. Also schiebt der Stürmer den Ball in die sperrangelweit offene Seite, doch darauf hat unser neu geschlüpfter Panther gewartet und hechtet den Ball von der Linie. Nach der ersten Viertelstunde dann aber die ersten Angriffe von uns, ein Seitfallzieher von LUPooohhh geht aber genau in die Arme des gegnerischen Goalies. Und genau in die Phase dieses ersten „Druckes“ von uns dann gleich der letztendlich spielentscheidende Treffer. Erzielt vom kreuzbandbefreiten in Österreich auf brasilianisch spielenden Deutschen mit dem französischen Namen – eine internationale Kooperation in Personalunion quasi.
Womit ein Spiel mit einigen wenigen, aber großen Chancen eingeläutet war. Zuerst waren die Gegner an der Reihe. Praktisch wie von Geisterhand gestoßen fällt ein Gastgeber im Strafraum, von hinten ist stakkatoartig „Falta Fingida!“ von unserem sich langsam erholenden Austauschfreund zu hören, womit er zweifellos recht hat. Der Vollständigkeit halber sei hier erwähnt, dass der Schiri die Fehlentscheidung in der zweiten Hälfte kompensieren sollte. Elfmeter, Neopanther Goldschuh taucht in eine Ecke, der Ball in die andere, doch ein zweites Mal verhindert Blech einen Gegentreffer.
Ahhh! So fühlt sich das also an, wenn man auf der anderen Seite steht.
Dann sind wir dran. Ein perfekt angesetzter Konter, ein guter Schuss – Diridldumdiddldei – und irgendwie kommt die Nummer 1 der Gegner mit der Hand noch in die Flugbahn der dem Netz entgegenstrebenden Frucht.
Gleich darauf folgt eine Banane aus gut 25 Meter, hilflos starrt jetzt derselbe Einser, wie sich diese auf die Latte senkt – na also, endlich wieder einmal das vertraute Geräusch auf unserer Seite. Gleich danach setzt nun der Gastgeber einen Ball ebenfalls an die Latte. Beide Torgehäuse sind deshalb froh, als endlich zur Pause gepfiffen wird.
Selten waren wir in der Pausenkabine so sicher, dass der Vorsprung halten wird, warum, entzieht sich unserer Kenntnis. Vielleicht, weil es nicht ganz unbekannt ist, dass unser Gegner als richtig gute Kontermannschaft aber nicht gerade berühmt dafür ist, ein effizientes Spiel gegen einen defensiv stehenden Gegner aufziehen zu können. Vielleicht aber auch aus Gründen. Also machen wir hinten dicht, und so vergeht nach Anpfiff eine ereignislose Minute nach der anderen. Lediglich die Anzahl unserer Verletzten steigt und steigt, am Ende sollen es insgesamt 7 werden (nur einer davon ohne Feindeinwirkung), wie sich später herausstellen sollte, sind die Blessuren teilweise sogar schwer. Eine nicht unübliche Ausbeute bei Ausflügen nach Vösendorf – ich spreche hier nicht nur aus unserer eigenen Erfahrung, sondern, wie uns im Vorfeld vielfach bestätigt wurde, geht es vielen anderen DSG-Ligamannschaften genauso. Hier sollten sich die Schiedsrichter einmal was einfallen lassen, das Verhältnis von gelben Karten für harmlose Vergehen (Textilfoul, „Kritik“, „unsportliches Verhalten“) zu Reinsteigen mit einem halben Dutzend Verletzten ist „desproporcionadamente“, wie es unser Freund höflich ausdrückt.
So melden sich für den letzten möglichen Wechsel gleich vier Spieler an – drei müssen aber durchhalten. Fast schon bezeichnend, dass trotz der rollenden Angriffe, die spätestens 20 Meter vorm Tor versiegen, die einzige und beste Chance auf unserer Seite verzeichnet wird, aber unser offensiver Austausch setzt den Ball knapp am langen Eck vorbei.
Schlusspfiff! Eine Seite jubelt nach einem Spiel auf Kuhfutter, die andere verlässt diesen mit hängenden Köpfen.
Ahhh! So fühlt sich das also an, wenn man auf der anderen Seite steht.
Und nachdem sich jetzt die letzten 2 Stürmer verletzt haben, brauchen wir ab sofort Goldschuh wieder vorne.
Big Sexy, jetzt einmal ehrlich, was haben die was wir nicht haben?
Messi? - Haben wir!
Schwarze Hufe? - Schau dir die Ferse von unserer lebenden akademischen Dreiviertelstunde an!
Sagrada Familia, Gaudi? – Stefansdom, Hundertwasser!
Bleiben die Stiere. Geh bitte, was die so fressen, darauf spielen wir hier Fußball! Und gewinnen dabei sogar alle 18 Jahre einmal…
Tor:
0:1 Pascal Hoheisel (24. Min.)